Wie queer ist die Operette? Dr. Kevin Clarke, Direktor des Operetta Research Centers Amsterdam, räumt mit Klischees auf. Denn das unterhaltende Musiktheatergenre war in seiner Anfangsphase im Paris von 1850 revolutionär und sexuell befreiter als viele denken. Operetten à la Offenbach waren weltweit ein Hit, gerade weil sie sich jenseits von akzeptierten Moralnormen bewegten. Bis es zum großen Umschwung kam und die Gattung nach und nach neu definiert wurde: als familienfreundliche Unterhaltung, sentimental, nostalgisch, zunehmend harmlos. Am radikalsten deuteten dann die Nazis die Operette um und machten aus der nunmehr als »entarteten jüdischen« Kunstform eine »arische« Heile Welt. Die Operette überlebte den (Kalten) Krieg und die Nachwendezeit – wenn auch sehr unterschiedlich in Ost und West. Heute ist zunehmend vielerorts wieder der anarchische Geist und die sexuelle Befreiung zu spüren!
Mit »Glitter & Be Gay: Reloaded« legt der deutsch-irische Operettenforscher Kevin Clarke sein bahnbrechendes Standardwerk von 2007 radikal überarbeitet und rundum aktualisiert neu auf – frisch, kontrovers und voller spannender Beiträge von Next-Generation-Forschern, die mit neuem, unverstelltem Blick auf das Genre und seine Kontexte schauen. Auch viele Intendanten und Theaterschaffende melden sich in der Neuausgabe zu Wort, u. a. Tobias Wolff von der Oper Leipzig, Kathrin Kondaurow von der Staatsoperette Dresden, Lotte de Beer von der Volksoper Wien und Josef E. Köpplinger vom Staatstheater am Gärtnerplatz.
Präsentiert wird das Buch im Rahmen der Leipziger Buchmesse, begleitet von einem Gespräch zwischen Kevin Clarke und Intendant Tobias Wolff sowie »queerer« Live-Musik von der MuKo-Sopranistin Friederike Meinke.