Für Carmen ist das höchste Gut ihre Freiheit. Niemals will sie sich den Zwängen der Gesellschaft unterwerfen. Der angepasste Sergeant Don José ist fasziniert von dieser Frau, die sich einfach nimmt, was sie will. Er gibt alles für sie auf, seine Jugendliebe Micaëla, seine Stellung beim Militär und schließt sich sogar einer Schmugglerbande an. Er ist besessen von Carmen, die schon bald das Interesse an ihm verliert und dem todesmutigen Stierkämpfer Escamillo verfällt. José ist verzweifelt und will Carmen zurück, um jeden Preis. Mit seiner »Carmen« gelang Georges Bizet 1875 ein wahrer Coup. Das Stück ist bis heute eine der meistgespielten Opern aller Zeiten. Betörende Melodien und mitreißende Rhythmen treffen auf eine starke Titelheldin. Diese stellt das Gegenbild zu den passiven, sich aufopfernden Frauenfiguren dar, die die Opernwelt im 19. Jahrhundert kannte.
Die australische Regisseurin Lindy Hume, die an der Oper Leipzig bereits »Don Pasquale« und »La Cenerentola« inszenierte, sieht Carmen nicht als männermordenden Vamp, als der sie oft dargestellt wird, sondern als selbstbestimmte Frau. Sie zieht Parallelen zwischen Carmen und Don Giovanni: Beide Figuren sind in ihrer Unabhängigkeit ihrer Zeit voraus und heißen den Tod als letzte Bekundung ihres unbedingten Freiheitswillens willkommen.