Der Kunstform dienen - Rémy Fichet im Gespräch

Der neue Direktor des Leipziger Ballett spricht über seine neue Funktion und seine Ideen für die Zukunft.
Nele Winter | Donnerstag 05.09.2024
Rémy Fichet bei der Auftaktveranstaltung des Leipziger Ballett
Rémy Fichet bei der Auftaktveranstaltung des Leipziger Ballett | © Ida Zenna

Was bedeutet es für dich persönlich, an einem Haus, das dir seit 24 Jahren vertraut ist, nun als Ballettdirektor das Leipziger Ballett zu leiten?

Es ist eine unglaubliche Ehre! Ich blicke mit viel Respekt und Dankbarkeit auf die Aufgabe und auf das Vertrauen, das mir entgegengebracht wird. Ich trage eine tiefe Liebe für die Company und für die Kunstform Tanz in mir. Ursprünglich war es nie mein Ziel, Ballettdirektor zu werden. Mein Bestreben war immer, der Kunstform so gut wie möglich dienen zu können, was mir nun in dieser neuen Position ermöglicht wird. Ich freue mich, gemeinsam mit der Company meine Visionen und Ideen umsetzen zu können.

Gibt es ein Schlüsselerlebnis, das deinen Weg in die Tanzwelt maßgeblich beeinflusst hat?

Lustigerweise kann niemand, nicht mal ich, nachvollziehen, woher mein Wunsch kam, Tänzer zu werden. Ich war vier und saß mit meiner Mutter im Auto, als ich wie aus dem Nichts sagte: »Ich will tanzen.« Daraufhin nahm ich Tanzunterricht und absolvierte schließlich die Ballettausbildung an der Pariser Oper.

Von Uwe Scholz habe ich die Musikalität erlernt.

Rémy Fichet

Wie hat deine eigene Tänzerkarriere deine heutige Perspektive als Ballettdirektor geprägt?

Ich denke oft darüber nach, welche Herausforderungen ich selbst als Tänzer hatte, um den Tänzerinnen und Tänzern heute bestmöglich helfen zu können. Paris und Leipzig haben mir zwei sehr unterschiedliche Perspektiven aufgezeigt: Von Uwe Scholz habe ich die Musikalität erlernt und was es heißt, wirklich auf die Musik zu hören. In Paris habe ich die Trainingskultur kennengelernt. Dort ist das Training heilig und gehört zur täglichen Routine wie Zähneputzen. Dies möchte ich auch in Leipzig noch stärker verankern.

Hast du dich in deinem neuen Büro schon gut eingelebt?

Dieses Büro hat für mich eine enorme Symbolkraft. Als ich es vor Beginn der neuen Spielzeit betreten habe, waren die Erinnerungen plötzlich ganz präsent: Das erste Mal war ich im September 2000 hier, als Uwe Scholz mir ein Festengagement beim Leipziger Ballett angeboten hat. Vier Jahre später habe ich in diesem Raum ein langes Gespräch mit ihm geführt – das letzte Mal vor seinem Tod. Als ich das Büro beziehen konnte, war ich voller Ehrfurcht. Ich hoffe, meine Präsenz hier dient einer Kontinuität, die in Uwes Sinne gewesen wäre.

Neben Uwe Scholz – welche Choreographinnen und Choreographen haben dich besonders geprägt und inspiriert?

Als Jugendlicher war ich fasziniert von den Choreographien von Jiří Kylián und William Forsythe. Wie weit sie die Grenzen der klassischen Technik ausgedehnt haben, war für mich ganz neu und beeindruckt mich bis heute. In der Zusammenarbeit hat mich vor allem Ohad Naharin geprägt – durch seine Bewegungsforschung, seine Intensität und vor allem auch durch sein Leben, das er ganz dem Tanz gewidmet und mit dem er die Gesellschaft verändert hat.

Ich bewundere an der Stadt Leipzig, dass sie selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, immer an der Kultur festgehalten hat.

Rémy Fichet

Welche Entwicklungen und Herausforderungen siehst du in der aktuellen Tanzlandschaft und wie willst du diesen begegnen?

Ich beobachte, dass die neoklassische Technik aktuell wieder an Bedeutung gewinnt. Nach der neoklassischen Blütezeit mit Choreographen wie Kylián und Forsythe gab es eine längere Phase, in der Ballett als altmodisch galt. Stattdessen wurde mit anderen Tanzstilen experimentiert, was ich ebenfalls sehr spannend fand. Seit ein paar Jahren kehrt aber das Interesse am Ballett zurück und wird nun mit diesen neuen Erfahrungen kombiniert. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist Lauren Lovette, die bei uns aktuell die Choreographie zu »Romeo und Julia« kreiert. Die Frage, wie wir das Ballett und die klassische Technik weiterentwickeln können, ist für mich eine der zentralen Herausforderungen für die kommenden Jahre.

Wie siehst du die Rolle des Leipziger Ballett im kulturellen Leben einer Stadt wie Leipzig?

Ich bewundere an der Stadt Leipzig, dass sie selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, immer an der Kultur festgehalten hat. Deshalb verfügt sie bis heute über eine große künstlerische Vielfalt, die über die Grenzen Deutschlands und sogar Europas hinaus Menschen anzieht und begeistert. Das Leipziger Ballett ist ein wichtiger Teil dieser Vielfalt und pflegt einen regen künstlerischen Austausch mit den anderen kulturellen Institutionen der Stadt.

Worauf freust du dich in dieser Spielzeit am meisten?

Am meisten freue ich mich darauf, die Entwicklung der Company zu begleiten und zu unterstützen. Ich bin mir sicher, dass sich die Freude der Tänzerinnen und Tänzer dann auch während der Vorstellungen auf das Publikum überträgt.

 

Rémy Fichet, Direktor des Leipziger Ballett
Rémy Fichet, Direktor des Leipziger Ballett | © Kirsten Nijhof

A oder B?

Tschaikowsky oder Prokofjew? - Prokofjew.
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